Dr. Jürgen Rose
Die Archenhold-Sternwarte betreibt seit 1991 ein speziell zur Detektion des elektronischen Grundrauschens der Sonne entwickeltes Radioteleskop. Das Rauschsignal steht in Korrelation zur Sonnenaktivität und unterliegt deshalb dem 11-jährigen Sonnenfleckzyklus. Mit dem Instrument wird gezeigt, dass die Sonne – im Gegensatz zum sichtbaren Bereich – im z. B. cm-Wellenlängenbereich ein veränderlicher Stern ist. Mit dem Demonstrationsmessgerät können auch sonnenfinsternisbedingte Signalabschwächungen sowie zeitweilig auftretende starke Strahlungsausbrüche, sogenannte Bursts detektiert werden.
Radioteleskop für den Empfang der Hochfrequenzstrahlung der Sonne |
Nenndurchmesser: 1,88m; nominelle Empfangswellenlänge: 2,6cm (Bereich 11,6GHz)
Der zentralerregte Reflektor des Teleskops integriert wellenlängenbedingt das globale Primärsignal der Sonne auf ein aus Teilen kommerzieller Satellitenempfangstechnik beruhendes, linear-polarisationsschaltbares Feedhorn. Das in Modulbauweise selbstgebaute und parallaktisch nachgeführte System erfasst Radiostrahlung mit einer Tiefenschichtung bis zur unteren Chromosphäre. In der jetzigen Ausbaustufe arbeitet das in Modulbauweise konstruierte Gerät als ungekühlter Doppelsuperhet ohne Vergleichsrauschnormal, mit einer Bandbreite von 500 MHz und variablen Integrationszeiten zwischen 0,01 und 10 Sekunden. Die Transformation und Darstellung des Rausch- signals in den Zeitbereich erfolgt analog durch Dioden-Spitzenwertgleichrichtung in Graetz-Schaltung unter anschliessender 12 Bit Digitalisierung in Gleichstromkopplung. Der LN-Empfänger (Feed) wurde auf geringe Empfindlichkeit auf Umgebungstemperaturänderungen ausgesucht und extrafokal zum Brennpunkt der (störenden) Wärmestrahlung in den Parabolspiegel justiert.
Die metrologischen Untersuchungen zur optimalen Reflektorzone erfolgten im Rahmen von Sonnenpassagen nach dem Prinzip der Messung der Amplitudenabsenkung (z.B. Halbwert-Breite). Aufgetragen über die Passagezeit belegen sie die derzeitige Begrenzung des Reflektors. Zur Begründung dieser sowie weiterer abschattend wirkender Massnahmen sei auf den (einzig möglichen) Aufstellungsort, den umgebungsbedingten elektronischen Nahfeldsichtkorridor sowie die Strahlungsquellen aus der natürlichen Bewaldung des Treptower Parks verwiesen. Derartige Maßnahmen entsprechen der professionellen Praxis, z.B. wird auch das Feed des 100m Spiegels des MPI Effelsberg aufgabenbezogen angepasst.
Durchmesserangaben sind in diesem Sinne stets als Nennwert zu verstehen.
Aufnahme einer Sonnenpassage zur Vermessung des Radioteleskops |
globale Auflösung des RT durch Passagemessung unter vollständigem Amplitudenabfall: 20 min (≈ 0,33h)
1h : 15° = 0,33h : x° → schlechteste Auflösung des RT: x ≈ 5°
[1° bei voll nutzbarem Refl.Ø, angepasstem Feed und bester Ortsauflösung der parallaktischen Montierung;
vereinfachende Annahme der Sonne als Punktquelle, die Faltung mit dem Flächenstrahler verbreitert die Empfangskeule; Literaturangabe der näherungsweisen Halbwertbreite ≈ (λ * 40) / D mit λ: Empfangswellenlänge, D: Reflektordurchmesser]
Die Steuerung des Systems kann wahlweise autark, beginnend mit dem täglichen Autostart, ferngesteuert über Modem oder handgeführt erfolgen. In allen Fällen werden die astronomischen Koordinaten der Sonne berechnet, das Instrument automatisch auf die Sonne ausgerichtet und parallaktisch nachgeführt. Nach dem Messvorgang erfolgt eine selbständige Rückholung in die Ausgangslage.
Baugruppen der Steuer- und Messelektronik (Ausbaustufe 1991 - Juli 2005) |
Baugruppen der Steuer- und Messelektronik (Ausbaustufe 2005) |
Detail: Steuerung und ADU |
Messtechnische Verfolgung der für Berlin partiellen Sonnenfinsternis 1999 |
Untersuchungsobjekt: Sonne, zukünftig Crabnebel (M1), Jupiter, Erdmond.