Erfahrungen beim Aufbau eines Autoguider-Systems für die Astrofotografie
Meine bisherigen Erfahrungen in der Astro-Fotografie beschränkten sich auf die Fotografie mit einer Spiegelreflexkamera und einem Objektiv mit maximal 200 mm Brennweite, zusammen auf einer EQ5-Montierung mit einer motorisierten Nachführung. Je nach Justage der Montierung und Position des zu fotografierenden Objekts hat mir dies Belichtungszeiten von maximal drei bis fünf Minuten ermöglicht, sodass ich schon länger darüber nachgedacht habe, mein Setup mit einem Autoguider zu erweitern, um somit längere Belichtungszeiten zu ermöglichen. Dabei hat mich immer der Gedanke gereizt, daran so viel wie möglich selbst zu bauen, die Mittel zu nutzen, die mir zur Verfügung stehen, und keine fertige, zu kaufende Lösung einzusetzen. Deshalb dachte ich darüber nach, die vorhandene Steuerbox der EQ-5 mit einem Mikrocontroller anzusteuern und als Guiding-Software ein Opensource-Programm zu nutzen, das als Standalone-Lösung auf einen Raspberry Pi eingesetzt werden sollte. Allerdings fehlte mir lange die Zeit dazu, dieses Projekt anzugehen. Als ich mich dann dazu entschieden habe, mir einen Fotonewton mit mehr Brennweite zuzulegen, war klar, dass ich dafür definitiv einen Autoguider benötige und ich habe daher meine ursprüngliche Idee wieder aufgegriffen und etwas angepasst umgesetzt.
Mein Setup sieht zur Zeit folgendermaßen aus:
- Skywatcher N 150/750 PDS Explorer
(PDS = Photo Newton mit Dual-Speed 1:10 OAZ)
- EQ5-Montierung
- AGHEQ5-Skywatcher Handbox mit ST4 AutoGuider Eingang
- Skywatcher-Komakorrektor
- Off-Axis-Guider-Adapter mit Canon-EOS Bajonett-Anschluss
- ZWO ASI120MM Mini USB 2.0 Mono Guider Kamera
- Canon EOS 450D
- Raspberry Pi 3B+ mit 7 Zoll-Touchdisplay
- PHD2 Opensource Autoguider Software
Als Computer für den Autoguider habe ich den Einsatz eines Raspberry Pis vorgesehen. Dieser ist ein Einplatinenrechner auf ARM-Basis mit einem vollwertigen Linux, einer großen Community, vielen Installationsanleitungen online und viel Hardware, mit dem der Raspberry Pi relativ einfach für eigene Zwecke erweitert werden kann. Zu dem kostet er nicht viel (ca. 40 €, allerdings bekommt man dafür nur die Platine ohne weiteres Zubehör wie z.B. Netzteil, SD-Karte, Tastatur). Wenn man noch nie einen Raspberry Pi eingesetzt hat, können noch weitere Kosten dazu kommen. Mit dem Raspberry Pi kann man so eine relativ günstige Standalone-Lösung umsetzen, allerdings funktioniert mein Setup genauso gut mit einem handelsüblichen Laptop. Besonders wichtig ist beim Einsatz eines Raspberry Pis darauf zu achten, dass die Stromversorgung auch für die angeschlossene und verwendete Hardware ausreichend dimensioniert ist.
Für meine Standalone-Lösung wollte ich den Raspberry Pi über ein Touchdisplay bedienen können, damit ich auf dem Feld nicht mit Tastatur und Maus arbeiten muss. Dafür musste ich das Interface und die Optik des Betriebssystems so anpassen, dass es mit dem Finger und auch nachts gut bedienbar ist. Im Internet habe ich ähnliche Projekte gefunden, die die Bedienung über ein Smartphone oder Tablet realisiert haben. Diese Lösungen funktionieren auch gut und vereinfachen vieles, da man so kein zusätzliches Display benötigt. Trotzdem wollte ich ein separates Display haben und da ich viel Spaß am Basteln mit Elektronik habe, habe ich noch eine Helligkeitsregulierung mit einem Arduino umgesetzt. Mit Hilfe zweier Knöpfe rechts vom Display kann ich die Helligkeit soweit runter regeln, dass ich nachts davon nicht geblendet werde.
Foto: Alexander Görbing
Als Autoguider-Software sollte ein Opensource-Programm wie PHD, LinGuider oder Ähnliches zum Einsatz kommen. Die meisten dieser Programme laufen problemlos auf gängigen Computern mit Windows oder Linux und unterstützen viele Kameras, Montierungen und weiteres Zubehör ohne etwas nachinstallieren zu müssen. Wenn man die Wahl beim System (PC, Laptop, Betriebssystem) und der Hardware (Kamera, Montierung, Zubehör) hat, sollte man sich vorher belesen, wie die Unterstützung der einzusetzenden Hardware bei den Programmen ist. Bei meinen Recherchen habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass viele (semi)professionelle Sternwarten auch Opensource-Software benutzen, da diese auch die gängigen Astro-Hardware-Protokolle wie ASCOMM und INDI unterstützen, was eine Einbindung eigentlich jeder Hardware ermöglicht. Damit wäre es sogar möglich, über PHD eine gesamte Sternwarte zu automatisieren und so z.B. Kuppel, Montierung, Fokussierer, Filterrad, Kamera und weiteres Zubehör anzusteuern.
Ich entschied mich als Autoguider-Software für PHD2, da es trotz der vielseitigen Einsatz- und Einstellungsmöglichkeiten auch ein “push here dummy”-Guiding für Anfänger bietet. Es führt viele Kalibrierungen automatisch durch, mit denen es sich in den meisten Fällen schon sehr gut guiden lässt.
Foto: Alexander Görbing
Als Guiding-Kamera wollte ich erst eine alte Toucam einsetzen. Leider hat sich gezeigt, dass ohne viel Aufwand diese nicht am Raspberry Pi und mit PHD betrieben werden kann. Da ich mir zudem nicht sicher war, ob diese empfindlich genug ist, habe ich mich recht schnell für den Kauf einer kleinen ZWO ASI Kamera entschieden. Die ZWO ASI120MM Mini hat USB 2.0 (wichtig für den Raspberry Pi), verfügt für Guiding über einen ST4-Port und wird von PHD2 unter Linux am besten unterstützt.
Die Kamera wird über den ST4-Port mit der Handbox verbunden und übernimmt somit die Ansteuerung der Montierung mit den Befehlen, die über USB von PHD2 kommen. PHD2 unterstützt die Funktion auch schon von Hause aus. Bei der Konfiguration der Hardware kann man angeben, dass die Montierung an die Kamera angeschlossen ist und dann werden die Guidingbefehle über USB an die Kamera geschickt.
Die meisten Probleme auf dem Weg zur Astrofotografie mit Autoguider hatte ich tatsächlich bei Komakorrektor und Off-Axis-Guider. Ich entschied mich für den RCC 1 Komakorrektor von Baader mit dem dazu passenden Off-Axis-Guider. Da diese beiden Komponenten aufeinander abgestimmt sind bzgl. der Fokuslage, bin ich davon ausgegangen, dass ich keine Probleme mit dem Fokus bekommen werde und auch die Korrektur damit am besten sein wird. Leider bin ich mit dem Setup an meinem Skywatcher nicht in den Fokus gekommen. Im Nachhinein habe ich mit Baader herausfinden können, dass der Okularauszug an meinem Teleskop nicht weit genug an den Fangspiegel herankommt.
Meinen zweiten Versuch habe ich dann mit dem Komakorrektor von Skywatcher gemacht. Dieses Mal habe ich mir einen Off-Axis-Guider mit passender Dicke und einem Canon EOS Bajonett-Anschluss geholt. Mit diesem Setup war ich erfolgreich und konnte Guiding-Kamera und Spiegelreflexkamera in den Fokus bekommen. Allerdings befindet sich der Fokus immer noch sehr nah in Richtung Fangspiegel, weshalb der Okularauszug gute 5 cm weit in den Strahlengang hineinragt. Es ist unklar, warum Skywatcher den Fokuspunkt bei einem Fotonewton soweit hinein positioniert hat, aber ähnliche Erfahrungen haben auch andere Astrofotografen bei dem Teleskop gemacht.
Foto: Alexander Görbing
Meine ersten Guiding-Versuche habe ich von Berlin aus in einer Kleingartenanlage in Karlshorst gemacht. Ich habe in zwei Nächten jeweils zwei Stunden nutzen können und habe mich die meiste Zeit mit Fokussieren, Justieren und Kalibrieren beschäftigt. Leider war die Transparenz schlecht und ich hatte sehr wenige Sterne zum Guiden gefunden. In der zweiten Nacht ist es mir aber gelungen in der Nähe von M51 einen Stern zu finden, an dem ich 30 Minuten am Stück guiden konnte. Es hätte bestimmt noch länger funktioniert, aber unter den Bedingungen in Berlin hat es keinen Sinn gemacht. Trotzdem konnte ich 5 Probeaufnahmen mit jeweils 4 Minuten Belichtungszeit machen. Beim Stacken hat mir Deep Sky Stacker angezeigt, dass ein Ausrichten der Bilder nicht notwendig ist (Korrektur um 0x0 Pixel und 0°). Somit war der erste Versuch mit dem Autoguider ein voller Erfolg!
Messier 51, Foto: Alexander Görbing
Achtung: Für den Test wurden keine Darks, Flats, Bias etc. gemacht. Der Test war nur ein Proof-of-Concept. :)
Abgesehen von der Fokuslage und dem Okularauszug im Strahlengang bin ich schon sehr zufrieden. Das Autoguiding funktioniert und der Komakorrektor scheint auch gut zu arbeiten. Es gibt nur einige hellere unrunde Sterne, die neben den normalen Spikes durch die Fangspiegelspinne noch einen anderen Abbildungsfehler aufweisen, den ich dem hereinragenden Okularauszug zuschreiben würde. An der Stelle gibt es noch Nachbesserungsbedarf, der wahrscheinlich einen größeren Umbau am Teleskop bedeutet.
Nachtrag zum Okularauszug: Mittlerweile hat sich die Problematik mit dem Okularauszug wahrscheinlich selbst erledigt. Der originale Okularauszug des Skywatcher ist kaputt gegangen und beim Auseinanderbauen habe ich Teile der Rollenlager neben der Spiegelzelle gefunden. Deshalb habe ich mich dazu entschieden einen neuen Okularauszug von Omegon zu kaufen, der eine besonders flache Bauweise hat, sodass man problemlos mit Kamera und Zubehör in den Fokus kommen sollte und dabei trotzdem nicht in den Strahlengang hereinragt. Ein Test mit neuem Okularauszug steht allerdings noch aus.
Alexander Görbing
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