Sven Andersson
Die Drehung der Erde um ihre eigen Achse und die Bewegung der Erde um die Sonne haben zur Folge, dass die Fixsterne sich am Nachthimmel zu bewegen scheinen. Der Mond begleitet die Erde nicht nur auf ihrer Bahn um die Sonne, er bewegt sich gleichzeitig auf einer Umlaufbahn um die Erde herum. Dies hat zur Folge, dass sich der Mond, relativ zu den Fixsternen betrachtet, in einer Stunde um seinen eigenen Durchmesser bewegt. Das wiederum hat zur Folge, dass auf der einen Seite des Mondes Sterne zu verschwinden scheinen und auf der anderen Seite des Mondes Sterne aufzutauchen scheinen. Tatsächlich werden diese Sterne natürlich nur vom Mond verdeckt bzw. bedeckt. Der Fachbegriff hierfür lautet Sternbedeckung durch den Mond. Die Mehrzahl der Sternbedeckungen durch den Mond läuft so ab, dass der Stern auf der einen Seite hinter dem Mond zu verschwinden scheint und auf der anderen Seite des Mondes wieder auftaucht. Bei einem solchen Ereignis spricht man von einer totalen Sternbedeckung durch den Mond (Weitere Informationen findet man auf der Seite Totale Sternbedeckungen). Es kann aber auch passieren, dass die Sternbedeckung so dicht am Rand des Mondes stattfindet, dass die Sterne nur noch von den Spitzen der Mondberge bedeckt werden. Ein solches Ereignis wird als streifende Sternbedeckung durch den Mond bezeichnet.
Abb. 1: Schematische Darstellung einer streifenden Sternbedeckung |
Da eine Streifende Sternbedeckung immer nur auf einem Streifen von wenigen Kilometern Breite beobachtet werden kann ist in der Regel erforderlich, dass sich die Beobachter im Rahmen einer Expedition dorthin begeben. Dadurch ist natürlich auch der Größe der Teleskope eine Grenze gesetzt, denn diese müssen hierzu selbstverständlich transportabel bleiben, auch wenn ein Teleskop mit großer Objektivöffnung den Vorteil hätte, dass auch schwächere Sterne noch zu beobachten sind. Auf das Messergebnis hat die Objekivöffnung bei der Beobachtung von Sternbedeckungen durch den Mond keinen Einfluss, denn die Sterne sind so weit von uns entfernt sind, dass sie uns als punktförmige Objekte erscheinen. Auch mit Hilfe großer Teleskope lassen sie sich nicht zu flächigen Objekten auflösen. Bei einer Streifenden Sternbedeckung wird der Stern mehrfach von verschiedenen Bergspitzen bedeckt und in den Tälern wieder sichtbar. Für den Beobachter sieht es so aus, als ob der Stern mehrfach an und aus ginge. Da es sich bei den Sternen, wie bereits erwähnt, um punktförmige Objekte handelt, sind das verschwinden hinter den Mondbergen und das wieder Sichtbar werden schlagartig. Der Fachbegriff für das Verschwinden des Sterns hinter einem Mondberg ist "Eintritt", und für das Auftauchen hinter dem Mondberg "Austritt".
Sternbedeckungen im allgemeinen und streifende Sternbedeckungen im Besonderen werden deshalb systematisch beobachtet, weil dies die einfachste und genaueste Methode ist von der Erde aus Berghöhen und Taltiefen auf der Mondoberfläche zu bestimmen. So unglaublich es klingt, aber mit keinem der künstlichen Satelliten, die bisher (Stand: Mai 2008) zum Mond geschickt wurden ist das Höhenprofil der Mondoberfläche exakt bestimmt worden. Jeder Messwert, der durch die Beobachtung von Sternbedeckungen durch den Mond gewonnen wird,ist dabei mit einem Mosaikstein zu vergleichen. Zusammengesetzt ergeben viele einzelne Messwerte dann ein zusammenhängendes Bild, die diesem Falle das Höhenprofil der Mondoberfläche. Je mehr Messwerte existieren und je dichter sie zusammen liegen, desto detaillierter kann die entsprechende Stelle auf dem Mond kartiert werden Da bei einer streifenden Sternbedeckung von einem Beobachter mehrere Eintritte und Austritte beobachtet werden können, können auch mehrere Punkte für das Höhenprofil bestimmt werden Bei einer totalen Sternbedeckung kann dagegen nur ein Messwert ermittelt werden. Obwohl sich der Mond auf einer Umlaufbahn um die Erde bewegt und dabei um die eigene Achse rotiert ist für einen Beobachter auf der Erde immer die gleiche Seite des Mondes zu sehen. Die Astronomen sagen, der Mond hat eine gebundene Rotation. Diese gebundene Rotation hat zur Folge, dass es nur auf einem kleinen Bereich der Mondoberfläche möglich ist mit Hilfe der Beobachtung von Sternbedeckungen ein Höhenprofil zu bestimmen Dieser Bereich ist in dem solche Beobachtungen möglich sind befindet sich am Rand der scheinbaren Mondscheibe. Die Astronomen sprechen daher auch vom Mondrandprofil. Durch die Libration, eine "Wackelbewegung" des Mondes, kann das Höhenprofil für rund 10% der Mondoberfläche bestimmt werden, und nicht nur für einen Großkreis. Die genaue Bestimmung des Mondrandprofils ist unter anderem deshalb wichtig, weil durch Randbeobachtungen während einer Sonnenfinsternis der Sonnendurchmesser bestimmt werden kann.
Grundsätzlich werden bei der Beobachtung einer Sternbedeckung, egal ob es eine totale oder eine streifende Sternbedeckung ist, folgende Messwerte protokolliert: der genaue Beobachtungsort, die Zeit des Ereignisse und die Art des Ereignisses (Eintritt oder Austritt). Diese Werte werden anschließend an mehrere Adressen5 geschickt, wo sie gesammelt, veröffentlicht und mit unterschiedlichen Zielen ausgewertet werden Dieser Datenversand läuft inzwischen fast ausschließlich über Email und das Internet. Der Beobachtungsort wurde noch bis Ende der 1990er Jahre mit Hilfe von Landkarten oder, wenn verfügbar, Messtischblättern bestimmt. Seitdem GPS-Empfänger problemlos und zu immer weiter sinkenden Preisen im Handel erhältlich sind, wird der Beobachtungsort praktisch ausschließlich mit Hilfe des GPS-Systems bestimmt. Die Zeit und die Art des Ereignisse können entweder visuell oder mit Hilfe von Videotechnik bestimmt werden. Seit Ende der 1990er Jahre gewinnt die Beobachtung mit Videotechnik immer mehr an Bedeutung, denn die zur Verfügung stehenden Kameras werden immer empfindlicher. Trotzdem konnte die visuelle Beobachtung nicht vollständig verdrängt werden, denn die Kosten für die notwendigen Hilfsmittels sind sehr viel geringer. Bei der visuellen Beobachtung steht der Beobachter selbst am Okular und beobachtet das Ereignis mit eigenen Augen. Die einzelnen Zeitpunkte werden mit Hilfe einer Stoppuhr festgehalten. Da bei einer Streifenden Sternbedeckung mehrere Zeiten innerhalb weniger Minuten gestoppt werden müssen werden hierzu Stoppuhren benutzt, die in der Lage sind mehrere Messwerte zu speichern. Damit die Zeit genau bestimmt werden kann muss die Stoppuhr mit einer sehr genau gehenden Uhr verglichen werden. Im Idealfall wird die interne Uhr der Stoppuhr vorher mit Hilfe einer Funkuhr zusammengeschaltet und so auf den Bruchteil einer Sekunde genau gestellt Hilfreich ist es auch eine Audioaufzeichnung zu machen. So ist es möglich eigene Kommentare zu speichern und diese für die anschließende Auswertung verwenden zu können. Die Audioauzeichnung sieht in der Regel so aus, dass mit Hilfe eines Diktiergerätes zum Einen die Kommentare des Beobachters ausgenommen werden und zum Anderen ein Piepton, den eine speziell ausgestattete Funkuhr zu jeder vollen Sekunde erzeugt. Dadurch ist es möglich die gesprochenen Kommentare einem bestimmten Zeitpunkt zuzuordnen. Bei der Beobachtung mit Videotechnik werden das Okular und das Auge des Beobachters durch eine Videokamera benutzt. Das Video, dass auf diese Art und Weise entsteht wird mit einem Videorekorder aufgezeichnet und kann anschließend ausgewertet werden. Um die genauen Zeitpunkte der Ereignisse zu bestimmen wird ein Zusatzgerät zwischen Kamera und Videorekorder geschaltet, dass die Zeit in das Bild einblendet. Damit diese eingeblendete Zeit die notwendige, sehr hohe Genauigkeit hat wird entweder das Zeitsignal aus dem GPS-Signal benutzt oder das DCF77-Signal, das auch von "normalen" Funkuhren empfangen wird. Der Vorteil der Beobachtung mit Videotechnik ist, dass die Aufzeichnung beliebig oft wiedergegeben werden kann. Mann kann also nicht, wie bei der visuellen Beobachtung, also der Beobachtung mit dem eigenen Auge, ein Ereignis verpassen. Nachteil der Videobeobachtung ist der höhere technische Aufwand und die damit verbundenen höheren Kosten.
Die Beobachtung einer streifenden Sternbedeckung, wie bereits weiter oben erwähnt, beginnt diese mit der Planung. Der Bereich in dem eine Sternbedeckung als streifende Sternbedeckung zu beobachten ist wird "Bedeckungslinie". Diese sollte natürlich innerhalb eines für den Beobachter gut zu erreichenden Reiseradius liegen.
Abb. 2: Übersichtskarte mit Zentrallinie und Positionen der Beobachter |
Die rote Linie auf der Übersichtskarte im Bild zeigt die zentrale Bedeckungslinie der von Mitgliedern der astronomischen Arbeitsgemeinschaft am 27. Januar 2007 in der Nähe von Bernau beobachteten streifenden Sternbedeckung, bezogen auf den mittleren (glatten) Mondrand. Die Zentrale Bedeckungslinie markiert die Mitte des streifenförmigen Bereichs auf der Erdoberfläche, in dem die Sternbedeckung als streifende Sternbedeckung zu beobachten ist. Da die streifende Sternbedeckung in diesem Fall nördlich der zentralen Bedeckungslinie beobachtet, haben sich die Beobachter entsprechend positioniert. Die Positionen der Beobachter sind durch die gelben Markierungen dargestellt. Den Abstand einer Beobachtungsstation von der Zentrallinie legt man je nach vorhergesagtem Mondrandprofil fest, um gezielt Berghöhen oder Taltiefen ausmessen zu können. Bei einer ausreichend großen Anzahl von Beobachtern ist natürlich beides möglich. Die beiden folgenden Bilder sind Standbilder aus einem bei der Beobachtung aufgezeichneten Video. Auf dem linken Bild sieht man den Stern dicht am unbeleuchteten Mondrand. Auf dem rechten Bild ist der Stern durch einen Mondberg bedeckt.
Abb. 3: Mondrand mit Stern |
Abb. 4: Mondrand hat den Stern bedeckt |
Diese Grafik zeigt drei vorausberechnete Mondrandprofile, die jeweils aus unterschiedlichen Datenquellen gewonnen wurden. Gleichzeitig sind unsere Beobachtungen eingezeichnet. Ein roter Punkt bedeutet der Stern verschwindet hinter einem Mondberg, ein grüner Punkt bedeutet der Stern ist wieder sichtbar. Man sieht sofort, das das vorausberechnete Mondrandprofil nicht sehr genau ist. Wenn man allerdings unsere Messwerte mit den Messwerten anderer Beobachter vergleicht (in der Grafik nicht eingezeichnet), dann stimmen die Beobachtungen sehr genau überein.
Abb. 5: Mondrandprofil mit Beobachtungsdaten |