Förderverein der Archenhold-Sternwarte
und des Zeiss-Großplanetariums Berlin e.V.

Eckehard Rothenberg

Sonnenbeobachtung

Eine kurze Übersicht

Die Sonne ist für den astronomisch interessierten Beobachter eines der faszinierendsten Objekte. Hinzu kommt noch die relativ unproblematische Beobachtungsweise: Ohne weiteres am Himmel zu finden und ausreichend hell, so dass sie schon mit kleineren optischen Instrumenten eine Vielzahl von interessanten Details offenbart. Es muss jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, niemals mit ungeschütztem Auge direkt in die Sonne zu schauen. Bei Fernrohrbeobachtungen sind Objektiv-Sonnenschutzfilter oder sogenannte Herschel-Prismen anzuwenden.

Hat man die nötigen Vorkehrungen getroffen, kann man schon bei geringen Vergrößerungen des Fernrohrs häufig dunkle Flecken auf der Sonnenoberfläche wahrnehmen, außerdem scheint die Sonnenscheibe am Rande in ihrer Helligkeit etwas abzufallen. Wir beobachten die "Oberfläche" einer Gaskugel von rund 1,4 Millionen Kilometern Durchmesser in rund 150 Millionen Kilometern Entfernung. Die Masse der Sonne übertrifft die aller Planeten und Kleinkörper des Sonnensystems um das 1000-fache. Darum unterscheidet sich der innere Aufbau der Sonne grundlegend von dem der anderen Körper des Systems. Die Temperatur im Kernbereich der Sonne beträgt rund 14 Millionen Grad. In diesem natürlichen Fusionskraftwerk wird hauptsächlich Wasserstoff in Helium umgesetzt. Die entstehende Energie hält die Oberfläche auf einer Temperatur von rund 5800 K. Entsprechend dieser Temperatur strahlt die Oberfläche Energie in den Raum. Auch bei dieser Temperatur sind alle Stoffe noch gasförmig, jedoch ist diese Schicht relativ undurchsichtig. Wir blicken nur etwa 400 km tief in die Sonnengase hinein. Aus der großen Entfernung der Erde scheint die Sonne daher scharf begrenzt. Betrachten wir die Randzonen der Sonne, sehen wir die Strahlung aus etwas höheren Schichten, in der Mitte der Sonnenscheibe blicken wir etwas tiefer hinein. Die Scheibe erscheint uns dort etwas heller. Diese lichtaussendende Schicht der Sonne nennen wir die Photosphäre. Darüberliegende Schichten strahlen deutlich weniger intensiv, sie zu beobachten erfordert daher besondere Instrumente.

Darstellung der Sonnenaktivität
Abb. 2: Darstellung der Sonnenaktivität

Die Sonnenflecken in ihrer wechselnden Zahl werden seit Anfang des 17.Jahrhunderts (Beginn der Fernrohrzeit) regelmäßig beobachtet. Bereits im 18.Jahrhundert wurde eine gewisse Periodizität der Fleckenhäufigkeit vermutet. Durch systematische Beobachtungen über einen Zeitraum von 17 Jahren entdeckte der Apotheker und Amateur-Astronomen Samuel Heinrich Schwabe aus Dessau im Jahre 1845 die 11-jährige Häufigkeitsperiode der Sonnenflecken. Da die Flecken sich mit einfachen Hilfsmitteln beobachten lassen waren auch in der Folgezeit zahlreiche Amateure auf diesem Gebiet aktiv. Die 1917 gegründete Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Sonnenbeobachtung (DARGESO) war z. B. von 1941 bis zur Einstellung ihrer Arbeit im Jahre 1966 in der Archenhold-Sternwarte angesiedelt.

Die Fleckentätigkeit der Sonne ist eng mit den solaren Magnetfeldern verbunden. Dort, wo diese Magnetfelder an der Photosphäre an die Oberfläche gelangen, wird der normale "Energietransport durch Konvektion" gestört, die Photosphäre kühlt lokal leicht ab. Wir sehen dort die dunklen Flecken. Alle veränderlichen Erscheinungen auf der Sonne und in ihrer unmittelbaren Umgebung werden unter dem Begriff der Sonnenaktivität zusammengefasst. Die Zusammenhänge sind äußerst komplex. Und weil die Sonnenstrahlung unmittelbar auch auf die Erde wirkt, daher unser Klima und Leben beeinflußt, werden alle Erscheinungen möglichst umfassend beobachtet und analysiert. Spezielle Beobachtungssatelliten haben heute die Sonne ständig im Visier.

Beobachtungen von Hans Pietsch

Es werden hier einige Beobachtungen dokumentiert, die uns Hans Pietsch für diese kurze Darstellung übermittelt hat. Hans Pietsch beobachtet auf seiner Balkonsternwarte in Strausberg mit selbst hergestellten Instrumenten. Zum besseren Verständnis dieser Aufnahmen sollen zusätzlich zu den dort vorhandenen Bildunterschriften noch einige Bemerkungen angefügt werden.

Das Sonnenspektrum

Grundprinzip eines Spektrografen
Abb. 3: Grundprinzip eines Spektrografen

Wird das Licht der Photosphäre mit Hilfe eines Spektroskops in seine Bestandteile aufgelöst, so kann man ein Lichtband mit den einzelnen Farben des Sonnenlichtes erzeugen.

Dem kontinuierlichen Sonnenspektrum sind zahlreiche dunkle Linien aufgeprägt. Sie entstehen zum überwiegenden Teil in den oberen Schichten der Photosphäre und in der darüberliegenden sogenannten Chromosphäre durch Absorption.

Das Sonnenspektrum
Abb. 4: Das Sonnenspektrum

Die Linien können einzelnen Elementen zugeordnet werden. Die Photosphäre besteht etwa zu 91% aus Wasserstoff und 8,9% Helium, alle anderen Elemente machen etwa 0,1% aus. Die intensive Linie bei der Wellenlänge 656 nm (Hα-Linie) wird durch Wasserstoffatome hervorgerufen.

Fügt man in den Strahlengang des Beobachtungsinstruments ein sehr schmalbandiges Lichtfilter ein, so lassen sich Sonnenaufnahmen erzielen, die nur das Licht einer Absorptionlinie ausnutzen. Besonders interessant sind Aufnahmen im Bereich der Wasserstofflinie bei 656 nm Wellenlänge, die interessante Strukturen der Wasserstoffwolken in der oberen Sonnenatmosphäre offenbaren. Die dunklen Filamente vor der Sonnenscheibe zeigen sich am Sonnenrand als Protuberanzen.

Um die gegenüber der Photosphäre nur schwach leuchtenden Protuberanzen am Sonnenrand zu beobachten, wird zusätzlich im Fernrohr mit Hilfe einer sogenannten Kegelblende eine "künstliche Sonnenfinsternis" erzeugt.

Beobachtungsinstrumente

Heliograf 150/1200

Heliograf 150/1200
Abb. 5: Heliograf 150/1200, Hα-Filter 1,5 Ångström Halbwertsbreite (0,15nm), Kippvorrichtung mit Thermostat,
Äquivalentbrennweite ca. 0,75m–36m

Hα-Einsatz des Heliografen

Die Zwischenoptik ist ein Porträtobjektiv. Orestor 2.8/100. Davor eine Kegelaufnahmevorrichtung mit Irisblende. Die kann soweit geschlossen werden, dass nur noch der Mittenstrahl vom Objektiv durch kommt. Dadurch entsteht hinter dem Kegel keine Wärme mehr, und das Hα-Filter ist geschützt. Am Ende wird das Bild über ein elektronisches Okular aufgenommen. Das Videosignal wird schließlich über einen Camcorder digital aufgezeichnet. Der Kegel zur Abdeckung der Photosphäre kann in vier Ebenen (horizontal, vertikal, radial und axial) bewegt werden.

Spezialansatz zur Beobachtung der Sonnengranulation

Der 40 cm lange Ansatz befindet sich an einem Refraktor 120/1000 mit Herschelprisma. Im Prisma befinden sich Graufilter zur Helligkeitsanpassung, sowie ein 2" Solar-Continuumfilter. Es folgen verschiedene Tuben zur Anpassung an den Fokus, eine Projektionsoptik Tevidon 1.8/50 von Carl Zeiss Jena, Zwischenringe zur Feinfokussierung, Eigenbaupolarisationsfilter, ein weiteres Solar-Continuum-Filter, ein Infrarotsperrfilter und schließlich ein elektronisches Okular von Meade als Videokamera. Von der Meadekamera geht das Analogsignal auf eine durchgeschaltete Sony-Digital-Videokamera, die das Signal auf Magnetband aufnimmt. Die erzielten Äquivalentbrennweiten liegen zwischen 8 und 13m.

Konstruktion und Herstellung der hier vorgestellten Beobachtungsgeräte: Hans Pietsch, Strausberg.

Sonnenaufnahmen

Sonneneruption 1
Sonneneruption 2
Sonneneruption 3
Abb. 9: Die Sonneneruption vom 28. Oktober 2003

Die Bildauflösung ist durch das hier angewandte Beobachtungsverfahren über Standard-Videoaufnahmen (maximal 720 x 576 Pixel) begrenzt. Eine höhere Auflösung haben nur die beiden Chromosphärenaufnahmen (1280 x 960 Pixel).

Eine große Sonneneruption (Strahlungsausbruch, Flare) am 28.Oktober 2003.

Flares entstehen durch plötzliche Freisetzung von Energien, die in starken Magnetfeldern gespeichert sind. Es kommt zu Massenauswurf in den interplanetaren Raum. Trifft eine solche Wolke geladener Teilchen die Erde, werden hier u.a. magnetische Stürme und Polarlichter ausgelöst. Die drei Aufnahmen (Abb. 9) zeigen die Entwicklung dieses Flares innerhalb weniger Stunden. Der Maßstab in der ersten Aufnahme macht die gewaltigen Dimensionen dieses Ereignisses deutlich.

Protuberanzen

Magnetfeldlinien über Aktivitätszentren ragen oft weit in den Raum hinein. In den umschlossenen Räumen wird ionisierte Materie (vorwiegend Wasserstoff) gehalten, die daher im Hα-Licht leuchtet. Entsprechend der magnetischen Aktivität ändern sich die Materieströme. Durch Flares können die geschlossenen Magnetkreise aufgebrochen werden, so dass eruptive Protuberanzen beobachtet werden.

Die Photosphäre ist für diese Beobachtung durch eine Kegelblende im Heliografen abgedeckt, sie würde sonst die schwach leuchtenden Protuberanzen überstrahlen. Über der Photosphäre ertreckt sich die ca. 10000 km dicke Chromosphäre, deren äußere Partien hier über die Kegelblende hinausragen.

Protuberanz Protuberanz
Protuberanz Protuberanz
Protuberanz Protuberanz
Abb. 10: Aufnahmen von Protuberanzen

Chromosphäre

Zur Beobachtung der Chromosphäre vor der Sonnenscheibe muss die Halbwertsbreite des Hα-Filters geringer sein. Diese beiden Aufnahmen wurden mit einem Filter der Firma Solar Spectrum der Halbwertsbreite 0,65 Ångström (0,065nm) gewonnen. Refraktor 120/900, CCD-Kamera DMK 41. Die über die Chromosphäre am Sonnenrand herausragenden Protuberanzen sind vor der Sonnenscheibe als dunkle Filamente zu sehen.

Chromosphäre
Abb. 11: Chromosphärenaufnahme vom 29. Juli 2010, 11:00 MESZ
Chromosphäre
Abb. 12: Chromosphärenaufnahme vom 30. Juli 2010, 11:35 MESZ
Granulation
Granulation
Abb. 13/14: Aufnahmen der Sonnengranulation

Sonnengranulation

Bei stärkerer Vergrößerung erscheint die Photosphäre der Sonne gekörnt zu sein. Die einzelnen Granulen haben einen Durchmesser von bis zu 1000 km, das entspricht einem Winkel von rund 1 Bogensekunde. In dieser Größenordnung liegt auch die irdische Luftunruhe. Nur selten sind die Beobachtungsbedingungen so günstig, dass die Granulation der Sonne beobachtet werden kann. Bei der Granulation handelt es sich um Konvektionszellen in der Photosphäre. Wärmeres Material steigt aus tieferen Schichten empor, strahlt einen Teil seiner Energie ab und strömt dann etwas kühler an den Rändern der Zellen wieder hinab. Die "Lebensdauer" eines Granulums beträgt nur wenige Minuten.